Als Kooperationsschule des Zweitzeugen e.V. durfte die Johannes-Kepler-Schule (JKS) heute zum insgesamt dritten Mal Vertreterinnen des Vereins im Hause zu einem Workshop begrüßen. 2010 als Studienprojekt entstanden ist Zweitzeugen e.V. seit Februar 2014 ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Über die persönlichen Erzählungen von Schoah-Überlebenden macht das Projekt Geschichte nachfühlbar und begreifbarer. Erstmals fand der Zweitzeugen-Workshop für Schülerinnnen und Schüler der 10. Klassen statt, da der Projekttag aufgrund der Corona-Pandemie im vergangenen Schuljahr für die damals noch 9. Klassen entfiel. Das Projekt steht an unserer Schule unter der Leitung von Frau Heks und Herrn Diekmann. Durchgeführt wurde der heutige Z(w)eitzeugen-Tag von Ksenia Eroshina und Theresa Michels.
Die JKS sagt „Danke!“
Der Z(w)eitzeugen-Workshop wurde durch Mittel der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, finanziell unterstützt. Vielen Dank! |
Zu Beginn verglichen die Schülerinnen und Schüler ihren heutigen Alltag als Schüler mit dem veränderten Alltag der jüdischen Bewohner Deutschlands von 1933-1945. Die Rechte der jüdischen Bürger Deutschlands, die damals 0,8% der Gesamtbevölkerung ausmachten, wurden im Laufe der Jahre durch verschiedene Gesetze und Erlasse massiv eingeschränkt: So durften sie nur noch jüdische Schulen besuchen, keine Schokolade mehr kaufen oder die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Im weiteren Verlauf der nationalsozialistischen Herrschaft wurden ihre Rechte nahezu vollständig ausgeschaltet.
Diese Erkenntnis wurde durch das das Lebenszeugnis des Juden Siegmund Pluznik verstärkt, welches von den Workshop-Leiterinnen im Auftrag des inzwischen Verstorbenen dargelegt wurde. Die Schülerinnen und Schüler konnten so sehr intensiv nachvollziehen, welche Probleme, Schwierigkeiten und Gräueltaten ein jüdischer Junge zur Zeit des Nationalsozialismus ertragen musste: Nach seiner Flucht 1941 schlug sich Siegmund mit gefälschten Papieren und der ständigen Angst als Begleiter durch. Von seiner Jugendgruppe überlebten mehr als ein Dutzend die Nazi-Herrschaft nicht. „Um jemanden in Not zu helfen, muss man keine Titel, keine Diplome haben. Man muss nur das Herz an der richtigen Stelle haben. Man kann jemandem helfen mit einer Kleinigkeit, mit einer Geste kann man schon helfen.“, sprach Siegmund Pluznik wenige Jahre vor seinem Tod 2015 in Frankfurt.
Um weitere Überlebende kennenzulernen, wurde die Projektgruppe geteilt, so dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich gleichzeitig mit einer der Personen Hannah Pick-Gosla, Dr. Leon Weintraub oder Tibi Ram intensiv auseinandersetzen konnten. Die Geschichten dieser drei Personen als Juden im 2. Weltkrieg wurden ebenfalls vom Zweitzeugen-Verein recherchiert und in kleinen Arbeitsheften aufgearbeitet.
Nach der Präsentation der beiden Lebensläufe war den Schülerinnen und Schülern klar, dass sie diese Geschichten künftig weitererzählen (müssen)! Manche planten, ihre älteren Familienmitglieder zu den damaligen Ereignissen und ihren Erfahrungen zu interviewen, um zu erfahren, „wie das damals war“. Gezeigt wurde schlussendlich ein kurzer Filmbeitrag über die Freude, die die Zeitzeugen heute übermannt, wenn sie Briefe von Schulklassen bekommen, die sich mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt haben. Um diese Freude weiterhin in den Gesichtern der Überlebenden sehen zu können, schrieben die Projektteilnehmer an einen der heute kennengelernten Zeitzeugen einen persönlichen Brief, der durch den Zweitzeugen e.V. an die entsprechende Person übergeben wird.
In der abschließenden Reflexion des heutigen Tages wurde viel gelobt – auch das vorbildliche Verhalten unserer Schülerinnen und Schüler, die aktiv, interessiert und motiviert dieses Projekt mitgestaltet haben. Wir danken dem Zweitzeugen e.V. (insbesondere Ksenia Eroshina und Theresa Michels!) für die erneute Durchführung des Projektes an unserer Schule und freuen uns auf den Workshop für Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen, der in der letzten Schulwoche des Schuljahres (im Juni 2021) stattfinden wird.
Text und Fotos: P. Diekmann